Mein Jakobsweg – Finisterra: Ankunft am Ende der Welt

Mein Jakobsweg – Finisterra: Ankunft am Ende der Welt

Anna aus Schweden und Solveig aus Dänemark wollen, genau wie ich, auch noch von Santiago de Compostela nach Finisterra fahren. Wir überlegen, ein Auto zu mieten, denn der Bus braucht 3 Stunden und hält unterwegs an 48 Stationen an. Wir laufen also durch halb Santiago mit unseren Rucksäcken und werden direkt wieder wie Pilger mit „Buen Camino“ gegrüßt. Am Bahnhof gibt es verschiedene Autovermietungen und wir klappern alle ab, denn wir wollen ein möglichst günstiges Auto.

Als wir uns dann für einen Anbieter entschieden haben, braucht dieser eine gefühlte Ewigkeit, bis er die Daten von Anna, die den Wagen fahren wird, erfasst hat. Nur, um dann festzustellen, dass sie den Führerschein noch kein ganzes Jahr hat. Solveig hat ihren Führerschein seit zwei Jahren, ist aber erst 20 Jahre alt. Tja und mein Führerschein schlummert zu Hause im Portemonnaie. Ich bin 31 und habe den Führerschein seit 13 Jahren, was somit kein Problem darstellen würde, aber zu Hause nützt er mir nicht. Da der letzte Bus nach Finisterra erst um 19 Uhr fährt und drei Stunden braucht, sehe ich mich schon in der Albergue in Finisterra anrufen, um meine Reservierung um einen Tag zu ändern und mir ein Bett in Santiago für die Nacht suchen, als er uns den Tipp gibt, nochmal ein Stück weiter die Straße herunter bei Sixt nachzufragen.

Sixt ist es nur wichtig, dass Anna über 21 Jahre alt ist, egal wie lange sie den Führerschein hat. Und der Preis ist ähnlich wie bei den anderen Anbietern. Insgesamt ist diese Art der Fortbewegung für mich mehr als doppelt so teuer, als mit dem Bus zu fahren, trotzdem genieße ich unseren kleinen Roadtrip. Nach gut 1 1/2 Stunden sind wir da und laufen erstmal ein bisschen durch die Stadt, um eine Albergue für die beiden zu finden. Auf dem Weg bleiben wir aber an einem Geschäft hängen, dass Goa-Fashion verkauft und gleichzeitig Essen anbietet. Solveig kauft sich dort eine Hose und auch Anna und ich probieren ein paar Kleidungsstücke an. Für mich sind die bunten Hosen allerdings nichts. Ich würde sie wahrscheinlich nur im Haus tragen und dafür habe ich wahrlich schon genug Kleidungsstücke. Der Duft des Essens bereitet uns großen Hunger. Aber erstmal wollen wir die Rucksäcke loswerden.

Die Albergue Municipal, die Gemeindeherberge, ist schon voll. Also gehen wir weiter die Straße entlang und kommen an meiner Albergue vorbei. Die Nacht kostet 11 €, was auch Anna und Solveig ok finden und einfach mit mir einchecken. Mein gestern gekochtes Ratatouille schmeckt uns als Appetizer, während wir eingecheckt werden.

Danach gehen wir zum Supermarkt um Wein, Chips und Schokolade zu kaufen. Das wollen wir mit zum Leuchtturm nehmen, um den Sonnenuntergang zu sehen. Den Weg dorthin gehen wir natürlich zu Fuß und dort stoßen wir auf den o km Meilenstein. Es ist ein komisches Gefühl, am „Ende der Welt“ zu stehen und auf das Meer zu schauen. Leider regnet es und der Wind macht es auch nicht angenehmer. Wir klettern auf den Felsen um den Leuchtturm herum und entdecken ein Stück Mauer, das den Wind ein wenig abhält. Dort trinken wir Rotwein und essen Chips und Schokolade. Den Sonnenuntergang sehen wir nicht, da es total nebelig ist. Wir können nicht mal sehen, wo die Sonne ist. Nur anhand der Himmelsrichtung kann ich bestimmen, dass die Sonne rechts von uns sein muss. Schade, dass Anna und Solveig nur diesen einen Tag in Finisterra bleiben, so können sie den Sonnenuntergang nicht sehen. Ich werde Mittwoch oder Donnerstag nochmal zum Leuchtturm hinauf gehen, da das Wetter dann besser sein soll. Kathi und Lara müssten dann auch hier sein und vielleicht mögen Sandra und Matti, Sandras Freund uns auch begleiten.

Als der Nieselregen wieder stärker wird, gehen wir zurück in die Stadt, um etwas „richtiges“ zu Essen. Wir wählen eine Pizzeria aus, die einen schönen Blick auf den Hafen bietet. Dort angekommen, kommen plötzlich Sandra und Matti an. Ich freue mich sehr, sie wiederzusehen! Wir essen gemeinsam und gehen danach an den Strand, wo eine „Hippie“ – Party stattfinden soll. Aber wir finden nichts. Auf dem Rückweg in die Stadt kommen wir an einem Café vorbei, das von einer bunten Truppe aus Auswanderern und Pilgern betrieben wird. Dort steigt die Beachparty, die wegen des Wetters nach drinnen verlegt wurde. Das Glas Wein kostet 1 €, die Luft ist stickig und die Leute ulkig. Ich fühle mich wie auf einer Studentenparty. Wir haben eine Menge Spaß und feiern ausgelassen. Gegen kurz nach 1 Uhr habe ich genug und spaziere am Meer entlang zurück zur Albergue, die glücklicherweise einen Türcode hat und so ein Kommen und Gehen rund um die Uhr erlaubt. Ich genieße noch ein paar Minuten das Rauschen der Wellen, bis ich hineingehe und sofort ins Bett falle.

Am nächsten Tag gehen wir in einem Hotel frühstücken und dann an den Strand, um ein paar Muscheln zu suchen. Hier gibt es sehr schöne Exemplare und ich finde eine Mini-Jakobsmuschel ❤️. Dann verabschieden sich Anna und Solveig und fahren zurück nach Santiago, um sich ein Tattoo, eine kleine Muschel, stechen zu lassen. Ich werde die beiden vermissen und freue mich auf ein Wiedersehen, wenn wir uns alle im nächsten Frühjahr in Berlin treffen wollen.

Nun bin ich wieder allein. Als erstes gehe ich einkaufen, um mir ein leckeres Essen zu zaubern. Man kann seinen Hobbys schließlich auch im Urlaub, an andern Orten nachkommen ?. Der Spargel hat mich schon ein paar Mal, zuletzt in Astorga, angelacht. Es ist zwar nicht die Jahreszeit für Spargel, aber ich mache mal eine Ausnahme. Ich koche Linguine mit Spargel-Pilz-Sahnesauce. Glücklicherweise gibt es Pflanzensahne zum kochen in dem Supermarkt. Die Hospitalera, also die Leiterin der Albergue, gibt mir zu verstehen, dass es sehr lecker riecht. Auch die anderen Herbergsbewohner schauen neugierig, sagen aber nichts. Sie unterhalten sich untereinander auf Deutsch. Ich könnte also noch mehr neue Bekanntschaften machen, aber irgendwie ist mir im Moment nicht danach. Ich bin generell eher ein Einsiedler und habe in den letzten Wochen so viele neue, nette Leute kennengelernt, dass meine Kapazität für neue Menschen erstmal erschöpft ist. Also halte ich mich bedeckt und lächle nur und grüße auf Spanisch.

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Den Rest des Tages verbringe ich auf der Couch im Zimmer, mümmle Schokolade und blogge. Das Wetter lädt im Moment nicht zum draußen sitzen ein, also mache ich es mir mit einer kuscheligen Decke gemütlich. Plötzlich bekomme ich eine Nachricht von Kathi, die doch schon nach drei Tagen heute in Finisterra angekommen ist. Wir verabreden uns, um Pläne für die nächsten Tage zu schmieden. So ist das eben auf dem Jakobsweg, auch am Ende der Welt: Man ist nie allein… ❤️

Alles Liebe

Rina

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